1959 steht der junge, unerschrockene Filmemacher Jean-Luc Godard kurz davor, mit Außer Atem das französische Kino zu revolutionieren. Doch um dieses riskante Projekt zu verwirklichen, muss er zunächst den Produzenten Georges de Beauregard von seiner Vision überzeugen. Nouvelle Vague, der Film von Richard Linklater, erzählt die Geschichte dieser wegweisenden Begegnung – von kreativen Spannungen und einem großen menschlichen Abenteuer.
Bruno Dreyfürst ist ein deutsch-französischer Schauspieler mit starken Wurzeln im Theater. Er steht regelmäßig für Fernsehproduktionen vor der Kamera und ist gelegentlich auch im Kino zu sehen. In Nouvelle Vague von Richard Linklater verkörpert er den legendären Produzenten Georges de Beauregard. Seine nuancierte Darstellung wurde von der Kritik als emotionales Gegengewicht in einem bewegten Film hervorgehoben.
Pressestimmen: Bruno Dreyfürst in Nouvelle Vague
„Eine grandiose Performance zwischen Komik, Chaos und künstlerischer Klarheit“
In Richard Linklaters neuem Cannes-Hit Nouvelle Vague brilliert Bruno Dreyfürst als Jean-Luc Godards legendärer Produzent Georges de Beauregard – eine Rolle, die Kritiker rund um den Globus begeistert.
Ob als „wunderbarer“ (Deadline), „großartiger“ (Ostros Cines) oder „langleidender“ (The Guardian) Produzent – Dreyfürst verkörpert die Figur mit einer einzigartigen Mischung aus Charisma, Humor und Verletzlichkeit.
Seine Darstellung als Beauregard ist mehr als nur Sidekick: Sie ist der emotionale Anker eines Films, der die Entstehung des französischen Kino-Meilensteins À bout de souffle als energetisches, oft anarchisches Abenteuer neu erlebbar macht.
Von chaotischen Drehs über hitzige Konflikte bis hin zu berührenden Momenten echter Verbundenheit – Dreyfürsts Spiel zeigt die oft unsichtbare, aber essentielle Rolle des Produzenten mit „bewegender Intensität“ (Forbes) und sorgt für einige der „lustigsten Szenen des Films“ (The Hollywood News).
Interview mit Bruno Dreyfürst (Georges de Beauregard in „Nouvelle Vague“, Richard Linklaters Wettbewerbsfilm beim Festival de Cannes 2025)
Im Frühjahr 2024 wurde Bruno Dreyfürst für eine tragende Nebenrolle in Richard Linklaters Film Nouvelle Vague ausgewählt. Der Film feierte seine Weltpremiere im offiziellen Wettbewerb des Festival de Cannes 2025 und zog internationales Interesse auf sich. Bruno Dreyfürst spielt Georges de Beauregard, genannt „Beau-Beau“, den Produzenten von „À bout de souffle“, der eine prägenden Figur der Nouvelle Vague wurde.
Dieses Interview darf für journalistische Zwecke gerne mit Quellenangabe [Bruno Dreyfürst] verwendet werden. Für vollständige Übersetzungen oder Interviewanfragen bitte das Kontaktformular nutzen.
Wie lief dein Casting für „Nouvelle Vague“ ab?
Das war ein richtiges Abenteuer. Am Anfang hätte ich es fast verpasst. Mein Agent (David Vatinet) hat mir die Einladung fürs Casting als Jean-Pierre Melville geschickt – mit einem Foto von ihm. Ich fragte mich erst ernsthaft, ob ich dem überhaupt ähnlich sehe, aber dann dachte ich, wenn die mich fragen, passt es wohl.
Die Aufgabe war, in maximal 3 Minuten über ein Musik- oder Kunstwerk zu sprechen, mit dem ich mich identifiziere. Ich hatte keinen Plan und hab die Mail nur überflogen. Am Telefon mit einer Freundin hab ich ihr das erzählt, sie meinte: „Nimm einfach irgendwas, das du magst, und red da drei Minuten drüber.“ Da hab ich kapiert: Ich soll über mich sprechen! Also habe ich mein Lieblingsalbum „Dark Side of the Moon“ von Pink Floyd gewählt. Weil ich Zeit hatte - das ist selten der Fall - , hab ich mich sogar komplett rasiert, um dem Charakter optisch näher zu kommen. Die erste Aufnahme war schlecht, die zweite okay. Mehr wollte ich nicht machen und schickte das Video mit einem „Keine Ahnung, ob’s passt“. Antwort: „Super!“
Dann abwarten, wie immer bei Castings. Einige Zeit später rief die Agentur zurück, der Casting-Direktor (Stéphane Batu) wollte mich in Paris sehen. Ich bekam ein Video mit einem Interview von Melville, das ich nachspielen sollte. Also habe ich den Text geübt, mir die Stimme und den Rhythmus angehört, einen passenden Anzug gesucht, sogar Brille und Hut, wie Melville sie trug.
Mit Straßenbahn und Zug nach Paris, Casting lief gut. Stéphane sagte dann: „Je mehr ich dich sehe, desto mehr denke ich, dass du auch den Produzenten spielen könntest, Georges de Beauregard. Willst du das probieren?“ Klar, warum nicht, mein Zug fuhr erst in zwei Stunden. Beim Impro-Casting ging es um eine Szene, in der Godard nicht zum Dreh kommt und Beauregard ihn im Café zur Rede stellt – erste Zeile: „Ah, da ist der große Kranke…“. Zwei Impros mit Stéphane, der mitspielt und filmt.
Zurück nach Straßburg, wieder abwarten. Einige Tage später kam der Anruf: Richard Linklater selbst möchte mich für Beauregard sehen, wieder in Paris, nächste Woche. Krass, ich war beeindruckt. Ich bekam den Text, übte, suchte Infos und Videos zu Beauregard (leider sehr wenige), suchte einen neuen Anzug und Brille (nicht wie für Melville), fuhr besonders früh zum Hotel nach Paris, um für das Treffen in Form zu sein.
Im Casting-Büro wurde ich nett begrüßt, traf die Produzentin, den Casting-Direktor und „Godard“ (Guillaume Marbeck), schon voll im Kostüm. Stéphane meinte, Richard Linklater sei zurückhaltend beim Casting. Richard kam, wir begrüßten uns, dann ging’s los. Ich war entspannt, nicht zuletzt wegen der guten Stimmung mit dem Team und meinem Schauspielpartner. Zwei Takes, fertig. Richard verabschiedete sich mit „Bye bye Beau-Beau“.
Ein Monat später, als ich kaum noch dran glaubte, kam der Anruf: „Du bekommst die Rolle.“ Yeeeeaah!
Wie hast du dich auf deine Rolle vorbereitet?
Wie beim Casting: Ich habe alles gesammelt, was ich über Beauregard finden konnte. Anders als bei Figuren wie Truffaut oder Godard gab es wenig Material. Zum Glück hat mir ein Freund die einzige Biografie von Beauregards Tochter besorgt – die war spannend und zeigte, dass Beauregard viel komplexer und lebhafter war, als ich dachte. Er war ein leidenschaftlicher Filmemacher, immer auf der Suche nach Neuem, ein bisschen gerissen, manchmal aufbrausend, aber auch loyal und freundlich. Ein echter Kumpel von Godard. Alle, die ihn kannten, beschreiben ihn als prägende Figur der Nouvelle Vague.
Mit jedem gelesenen Kapitel habe ich mehr Parallelen zu „Beau-Beau“ gefunden. Dann kamen die Drehbücher – lesen, lernen. Ein großes Glück war, dass wir mit Rick (Richard Linklater), den Schauspielern und dem Team schon vor Drehbeginn proben konnten – erst am Tisch, später an den Drehorten. So lernten wir die Szenen, die Abläufe und Partner kennen, ohne am Drehtag überrascht zu sein.
Kostüm-Anproben halfen, in die Rolle zu schlüpfen. Und die Frisur? Zum ersten Mal in meinem Leben war ich komplett rasiert – inklusive Glatze. Die hatte ich drei Monate lang, aber für die Kunst und den Film war es das wert.
Wie lief der Dreh ab?
Dank der Vorbereitung und einem engagierten Team lief alles sehr gut. Die Schauspieler waren voll drin, Richard Linklater war präzise, aber immer freundlich und geduldig. Auch wenn es Verzögerungen oder technische Probleme gab, blieb die Stimmung gut. Das Wetter spielte fast immer mit, so dass wir draußen drehen konnten, ohne Unterbrechungen.
Der Dreh mit dem Team fühlte sich an wie die Zusammenarbeit einer echten Clique, genauso wie man es im Film sieht. Richard hatte fast nur Schauspieler engagiert, die noch nicht so bekannt sind, außernatürlich Zoey (Deutch). Ein mutiger, aber sehr kluger Schachzug.
Richard Linklater spricht kein Französisch. Wie habt Ihr auf dem Set kommuniziert?
Wie Rick (Richard Linklater) in einem Interview sagte, war es das erste Mal, dass er fast ausschließlich mit französischsprachigen Schauspieler arbeitete. Nur ein paar Szenen zwischen Jean Seberg (Zoey Deutch) und François Moreuil (Paolo Luka-Noé) waren auf Englisch. Für ihn war das kein Problem, er fokussierte sich auf Schauspiel und Bild. Das Drehbuch gab es auf beiden Sprachen.
Er wurde von einem französischen Team unterstützt, darunter Michèle Halberstadt (die das Drehbuch adaptiert hat), 1. Regieassistent Hubert Engammare und Script Camille Arpajou, die die französischen Texte stets gegengkontrollierten. Die Schauspieler halfen sich gegenseitig mit dem Englisch, wenn nötig. Kommunikation war nie ein Problem. Ich selber spreche gut Englisch, also habe ich mir darüber nicht wirklich Gedanken gemacht. Außerdem ist mein Alltag so oder so mehrsprachig, da ich in Frankreich an der deutschen Grenze lebe und meine Frau Deutsche ist.
Was hältst du vom fertigen Film?
Ich bin stolz, Teil dieses Projekts zu sein. Es war bewegend, das Ergebnis zu sehen: Schwarz-Weiß-Bild, 4:3-Format, Musik und Sprachrhythmus bringen uns direkt zurück ins Jahr 1959. Ein echter Zeitreise-Film, ein liebevolles, humorvolles Tribut an die Nouvelle Vague.
Richard Linklater ist Meister der „Hang-out“-Filme. Hier verbringen wir 1:45 Stunden mit einer lustigen Truppe, die die chaotische Entstehung eines Kino-Klassikers zeigt. Ich bin sicher, Richard hat es geschafft: Ein Film, der cinephile Herzen höher schlagen lässt, leicht, witzig, super recherchiert – aber auch für alle zugänglich. Und der Lust macht, „À bout de souffle“ nochmal zu sehen – oder selbst Filme zu machen.
Was bleibt von deinem Cannes-Erlebnis?
Kommt drauf an, welches „Cannes-Erlebnis“ man meint. Das erste war am letzten Drehtag an der Croisette – an genau dem Ort, an dem Beauregard beschließt, Godards ersten Spielfilm „Atemlos“ zu produzieren. Symbolisch endet der Film genau mit dieser Szene, die wir bei strahlendem Sonnenschein drehten – nach einem riesigen Hagelsturm am Vortag.
Und dann, ein Jahr später, das echte Festival…
„Nouvelle Vague“ mit mir, einem deutsch-französischen Schauspieler aus dem sehr beschaulichen Lauterbourg im Elsass, offiziell im Wettbewerb des 78. Filmfestival in Cannes. Ich glaube, ich kann’s immer noch nicht richtig fassen. Am 17. Mai dann der rote Teppich, Weltpremiere, Quentin Tarantino in der Nähe, Claude Lelouch im Saal, Blitzlichtgewitter, Fotografen, der Wahnsinn von Cannes – eine Mischung aus Glitzer, Größenwahn und purem Filmzauber.